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AutorenbildAmadeus & Alex

Im Gespräch: Christian Lehner (Park Café)

2018 eröffnete Christian Lehner das kleine Augustiner-Wirtshaus „Das Bad“. Neben dieser wahrlich kleinen Bier-Oase betreibt er seit 2007 mit dem Park Café einen legendären Gastro-Tempel samt Biergarten und Livebühne.


Wie hat sich das angefühlt als ihr plötzlich zusperren musstet?

Christian Lehner: „Naja, was soll ich sagen? Wie fühlt sich das an, wenn man einen Betrieb zusperrt, der die letzten 14 Jahre der Mittelpunkt unseres täglichen Lebens war? Bescheiden wäre geprahlt. Meine Frau und ich haben die letzten 14 Jahre unser gesamtes Leben rund um diesen Betrieb organisiert, mit allem Drum und Dran. Wir haben zwei Kinder (8 & 10), auch die beiden wurden drum herum organisiert. Wir haben ja immer geöffnet, es gibt keinen Ruhetag, und das von morgens bis abends, oft genug bis spät in die Nacht.“


Mindestens zwei Monate keinen Umsatz, trotzdem die Kosten, wie überlebt man das?

Christian Lehner: „Plötzlich ist das alles weg. Der Druck aufzusperren und alles am Laufen zu halten wird über Nacht durch den Kampf um die wirtschaftliche Existenz ersetzt. Das fühlt sich nicht gut an.

Die Reaktionen der Versicherungen sind bodenlos frech und unverschämt. 10 % Erstattung für 30 Tage und das nur, wenn wir auf alle weiteren Ansprüche komplett verzichten, d.h. wir werden jetzt mit einem Almosen abgespeist. Sollten wir dann wieder aufsperren dürfen, und in diesem Falle einer unserer Mitarbeiter an Corona erkranken, sind die feinen Herrschaften der Versicherungen komplett raus! Wir haften dann für alles komplett selber. Das ist in meinen Augen beinahe schon sittenwidrig!

Zum Glück haben wir zwei großartige Verpächter: den Freistaat Bayern und die Edith-Haberland-Wagner-Stiftung, die beiden stunden beziehungsweise verzichten auf den Großteil der Pachten. Das ist ein großer Schritt, der uns hilft zu überleben. Ein riesengroßes Kompliment muss man auch der Stadt München und der Agentur für Arbeit machen, hier halten alle zusammen und tun alles mögliche, um uns zu unterstützen und zu helfen.

Wenn keine Hilfsmittel kommen, halten wir das noch ein paar Wochen aus, leben von den Reserven und sparen jeden Cent zwei Mal. Langfristig ist die Lage natürlich nicht zufriedenstellend. Dennoch sind wir der Meinung, dass es Sinn macht, die Gesundheit übers Geschäft zu stellen und wollen hier auch unseren Teil der Verantwortung gegenüber der Gesellschaft leisten.“


Was erwartet Ihr von der Politik, sprich der Stadt, dem Land oder dem Bund?

Christian Lehner „Senkung der Mehrwertsteuer, den angekündigten wirtschaftlichen Rettungsschirm für die Branche, Niederschlagung der aufgelaufenen Steuern, Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, Unterstützung bei den aufgelaufenen Energiekosten, Unterstützung bei den aufgelaufenen Sozialnebenkosten für unsere Mitarbeiter und einen vernünftigen, für uns wirtschaftlich sinnvollen Fahrplan zur Wiedereröffnung. Es macht für uns einfach keinen Sinn, den Betrieb aufzusperren, wenn wir die Auflagen des Einzelhandels erfüllen müssen, sprich 20 m² pro Gast, das macht keinen Sinn. Das wäre wie mit einem Flugzeugträger auf einem Fahrrad-Parkplatz einparken zu wollen.“



Was nehmt ihr persönlich für euren Betrieb mit aus dieser Krise?

Christian Lehner: „Aktuell tauschen wir uns mit ganz, ganz vielen Kollegen aus der Branche aus. Telefonieren, skypen und sprechen mehr miteinander als wir das die letzten 20 Jahre gemacht haben. Wir alle haben die gleichen Probleme. Wenn man bedenkt, dass mehr als 2,5 Millionen Menschen direkt in der Gastronomie in Deutschland arbeiten und vermutlich noch zwischen ein und zwei Millionen Menschen im Umfeld der Gastronomie ihr Geld verdienen, dann sollten wir hier nicht unser Licht unter den Scheffel stellen. Unsere Branche bedeutet Lebensfreude und Lebensqualität für alle Bundesbürger und Touristen. Das kann und muss auch mal laut gesagt werden!

Dazu müssen und werden wir zusammen mit unseren Verbänden die Fahne hochhalten und zusammenhalten. Nichts ist mehr so wie es war und wird auch nicht mehr so sein. Es wird uns noch Monate, wenn nicht sogar Jahre verfolgen.“

Park Café, Sophienstr. 7, 80333 München

Das Bad, Bavariaring 5, 80336 München

Fotos: ©Presse Park Café / Das Bad

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